Neues Gipswerk in Ellrich - Offener Brief an Bürgermeister


Abgeschickt von Gisela Hartmann am 24 Februar, 2008 um 18:29:22

 NNZ-DOKU: RICHTIG ENTSCHEIDEN 22.Februar 2008, 14:18 Uhr Kaum eine Beschlußvorlage der Ellricher Stadtverwaltung hat in den zurückliegenden Tagen soviel Echo erzeugt, wie der Grundsatzbeschluß zur Reaktivierung eines Gips-Altstandortes. In der doku-Reihe veröffentlich die nnz einen offenen Brief... Offener Brief an die Bürgermeister der Stadt Ellrich und der Gemeinde Gudersleben, Matthias Ehrhold und Jens Schlichting sowie die Stadt- und Gemeinderäte. Sehr geehrte Damen und Herren! Wieder werden die Bürger des Landkreises und der Stadt Nordhausen über eine Absicht informiert, zusätzlich zu den gegenwärtigen Firmeninteressen, im Randgebiet der Rüdigsdorfer Schweiz Gips abzubauen und in Cleysingen zu verarbeiten. Gleichzeitig wird in diesem Zusammenhang auf Enteignungen der jetzigen Interessenten zur DDR-Zeit verwiesen. Immer weniger hinnehmbar empfinden viele Bürger aber ihre ständig fortschreitende „Enteignung“ vom Wert einer einzigartigen Kulturlandschaft. Die Absicht in diesem Gebiet mit dem Einsatz beträchtlicher Investitionen abzubauen und Arbeitsplätze zu schaffen, macht das neue Projekt nicht weniger problematisch. Wie viel Abbaugenehmigungen und welche Zeiträume sind eigentlich notwendig, um erhebliche Areale des Gipskarstausstriches in Nordthüringen in ein bergbaulich geprägtes Verkippungsareal zu verwandeln? Landschaft ist Ausstattung eines in langen Zeiträumen entwickelten Ausschnitts der Erdoberfläche, der nachfolgend identisch nicht wiederhergestellt werden kann. Viele Millionen Jahre, von den Ablagerungen des Zechsteinmeeres bis zur Oberflächengestaltung im Eiszeitalter, waren der Zeitbedarf, die einzigartige Vielfalt von Oberflächenformen, Gestaltung der Gewässernetze und Bodenbildung hervorzubringen. Flora und Fauna passten sich diesen Entwicklungsprozessen durch Vielfalt und Einmaligkeit an. Welche ethisch-moralischen Normen begründen jene Allmacht, mit der wir über das Kulturgut Landschaft immer wieder entscheiden? Die hohe Komplexität der miteinander vernetzten Naturprozesse im Gipskarst erzeugen Abhängigkeiten, deren Störung über Erhalt oder Fehlentwicklung entscheiden. Ebenso gibt es bis heute kein akzeptables Modell, an dem wir annähernd testen könnten, wie ein so katastrophales Niederschlagsereignis, wie die Jahrhundertflut in Dresden, auf die Karstlandschaft und ihr Umland sich auswirken. Profitinteressen von Unternehmen und selbst die sehr begrenzte Anzahl von in Aussicht genommenen Arbeitsplätzen können nicht die bestimmende Problemlage für Entscheidungsprozesse in der Landschaft sein. Die räumliche Trennung von Abbau und Verarbeitung sind nicht kalkuliert, wie die Lärm-, Staub- und Abgasbelastung für die Bewohner an den Transportwegen von der Rüdigsdorfer Schweiz nach Cleysingen, ebenso wie die Einwirkung auf Forstökotope. Nicht zu vernachlässigen ist ebenfalls die Negativbilanz zu dem Arbeitsplatzpotential in der Tourismusbranche, um nur einiges zu nennen. Die Erwartungen der Bürgerbewegung (Bündnis 90) nach der Wende um mehr Mitsprache und Akzeptanz ihrer Vorschläge wurden zu häufig enttäuscht, und nicht zuletzt vernachlässigt die Politik mit ihren kurzfristig wirksamen Entscheidungen die Interessen kommender Generationen für die wir alle heute verantwortlich zeichnen. Wir bitten Sie, mit ihren geplanten Stadtratsberatungen und Beschlüssen Ihren Einfluss, ihre Möglichkeiten im Sinne des Erhalts und der Stabilisierung eines einzigartigen und schützenswerten Landschafts- und Lebensraumes einzusetzen. Gisela Hartmann und Dr. Horst Kox, Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag (nnz)

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