Auf den Spuren der Förster Landwehr
- Dr. Friedrich Spanuth, Hannover-Kirchrode -

An einem der unvergleichlich schönen Sommersonnentage, die uns der letzte September bescherte, brachte mich der Wagen eines Herzberger Freundes über Förste jenen Feldweg hinauf auf die Höhe des Uehrder Berges, der einst als der „Hannoversche Weg“ bezeichnet wurde. Auf der Nordseite des Schulberges*) stiegen wir aus, um auf ihm nach Spuren der alten Förster Landwehr zu suchen. Ueber diese habe ich im Osteroder Kreiskalender von 1956, S. 31, ausführlich berichtet. Die beigefügte Kartenskizze, die nach einer alten Karte gezeichnet ist, zeigt uns den Verlauf der Landwehr und die genaue Lage des Landwehrhauses im Jahre 1711. Hiernach mußte das alte, mit einem Wartturm versehene Landwehrhaus oberhalb des „Försteschen oder Hannoverschen Weges“ auf der nördlichen Seite des Schulberges gelegen haben.



Schon im Sommer 1955 hatten mein Herzberger Freund und ich den Schulberg mit seinem jetzt stillgelegten Steinbruch von der entgegengesetzten Südseite her bestiegen und teilweise durchsucht, aber damals bei der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit keine Spuren des alten Landwehrhauses und -turmes entdecken können. Dieses Mal richteten wir, von der alten Karte ausgehend, unsere Aufmerksamkeit mehr auf den nördlichen Abhang des heute mit Grasflächen und z. T. mit niedrigen Bäumen und Gebüsch bedeckten Schulberges. So sehr uns der herrliche Rundblick auf den Lichtenstein und den Förster Talgrund mit dem dahinter aufsteigenden Westerhöfer Wald nach der einen und den Harzbergen nach der anderen Seite zum beschaulichen Verweilen einlud, brannten wir doch darauf, etwas von der alten Landwehr zu entdecken.

Es bedurfte keines langen Suchens, um festzustellen, daß sie bis heute noch ihre Spuren hinterlassen hat. Auf der Ostseite des Steinbruchs zieht sich von dem südlich am Schulberge nach Förste hinabführenden Feldwege bis auf die Höhe des Schulberges ein breiter Graben herauf, in dem wir höchstwahrscheinlich einen noch erhabenen letzten Rest des alten Landwehrgrabens, der sich ursprünglich durch die ganze Landwehr vom Fuß des Lichtensteins bis zur Pipinsburg erstreckte, erblicken dürfen. Er verbreitert sich nach seinem nördlichen Ende hin. In seiner Fortsetzung liegt nach kurzer Unterbrechung nördlich vom Steinbruch eine fast kreisrunde und mehrere Meter tiefe Kuhle von etwa 10 Meter Durchmesser, deren Ränder wallartig erhöht sind Es dürfte kaum ein Zweifel bestehen, daß dies die Stelle ist, an der der Wartturm gestanden hat. Ein Durchstich des Walles würde höchstwahrscheinlich das Fundament des Turmes zeigen. In ein paar Meter Entfernung nach Norden zu liegen einige große Steine, die den Eindruck machen, als ob sie roh behauen sind. Vermutlich stammen sie von dem Turm. Einige Meter westlich der Kuhle erstreckt sich in westlicher Richtung ein von dichtem Dorngestrüpp bewachsener Steinwall von etwa 20 m Länge. Ob sich unter diesen aufgeschütteten Steinen, die z. T. eine beträchtliche Größe zeigen, Mauerreste oder Fundamente verbergen, konnten wir nicht feststellen. Ich möchte vermuten, daß es sich bei diesem Steinwall nicht bloß um zusammengetragene Feldsteine von den angrenzenden Aeckern und Wiesen handelt, sondern vielleicht auch z. T. um Trümmersteine des alten Turmes und Landwehrhauses Eine nähere Untersuchung würde das genauer zeigen können. Am westlichen Ende des Steinwalles fanden wir, unter hohem Gras verborgen, einen anscheinend behauenen Stein von beträchtlicher Größe. Alle diese Beobachtungen und Funde scheinen mir mit großer Wahrscheinlichkeit zu zeigen, daß wir es hier mit den zwar bescheidenen, aber doch unverkennbaren Spuren des alten Landwehrhauses zu tun haben. Dagegen scheint der ehemalige Landwehrgraben, der sich vom Schulberg auf der Grenze der Feldmarken von Osterode und Förste einst bis zur Pipinsburg erstreckte, heute restlos verschwunden und eingeebnet zu sein. Auch der Knick, an den noch ein Flurname erinnert, ist restlos verschwunden.

Es würde für die Förster Heimatforschung eine lohnende Aufgabe sein, unseren Entdeckungen einmal genau nachzugehen und festzustellen, ob sich unsere Vermutungen bestätigen.

Osteroder Kreis-Anzeiger vom Samstag, 02. März 1957

*) „Schulberg“ hat nichts mit „Schule“ zu tun, sondern ist abzuleiten von „schulen“, d.h. etwa „aus einem Versteck hervor schauen“, „auf der Lauer liegen“; ein „Schulberg“ ist etwa gleichbedeutend mit „Luginzland“.