Nutzung der Teilflächen durch die Fauna

Erfassungen zur Fauna werden seit 2002 durchgeführt. Detailliert untersucht werden die systematischen Gruppen Reptilien, Tagfalter, Heuschrecken. Die Daten werden ergänzt durch Zufallsbeobachtungen relevanter Arten von Trockenlebensräumen aus den Gruppen Vögel, Nachtfalter, Sandlaufkäfer, Hautflügler, Schnecken.

Das vielfältige Mosaik verschieden strukturierter und exponierter Teilflächen mit z.T. unterschiedlicher Geomorphologie ist Voraussetzung für den festgestellten Arten- und Individuenreichtum der Fauna.

Die älteren, flachgründigen Halbtrockenrasenreste auf Dolomituntergrund im oberen Bereich des Steinbruchs (Teilflächen 2, 3; 8; vgl. Karte Vegetationstypen) können für eine Reihe von Arten als Besiedlungsquellen angesehen werden, die in geringerer Dichte mittlerweile auch auf den Pionierflächen vorkommen: die Zauneidechse, den Zwergbläuling (Cupido minimus), das Esparsetten-Widderchen (Zygaena carniolica), die Langfühler-Dornschrecke (Tetrix tenuicornis), die Gebänderte Heideschnecke (Helicella itala). Bei der europaweit im Anhang IV der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie als besonders schützenswert eingestuften Zauneidechse konnte mehrfach beobachtet werden, dass sich Tiere von den reicher strukturierten Halbtrockenrasenflächen zum Sonnen auch auf sehr karg bewachsene Pionierflächen begeben haben. Bei den am Rande betrachteten Hautflüglern waren die meisten Tiere wie etwa Sandwespen im Bereich der Halbtrockenrasen zu finden.
 

Hochrasige Magerrasenfragmente
Jakobskrautbär (Thyria jacobaea)
 
Die hochwüchsigen Magerrasenreste im Bereich von Teilflächen 2 und 8 beherbergen Heuschrecken-Arten wie den Bunten Grashüpfer (Omocestus viridulus) und die Gewöhnliche Strauchschrecke (Pholidoptera griseoaptera). Unter den Nachtfaltern tritt der Rotrandbär (Diacrisia sannio) vor allem dort auf. Die eingetreuten Weißdornbüsche sind ideale Brutplätze für den Rotrückenwürger (Neuntöter). Als Spezialisten, deren Raupen an Halbtrockenrasenpflanzen gebunden sind, kommen der an Zypressen-Wolfsmilch lebende Mausspanner (Minoa murinata) sowie der Jakobskrautbär (Thyria jacobaea) vor, dessen gelbschwarz geringelte Raupen oft in ganzen Gruppen an der gleichnamigen Pflanze sitzen.

Das Fehlen einiger typischer Arten gut entwickelter Kalkhalbtrockenrasen wie Schecken- und Perlmuttfalter sowie Heidegrashüpfer (Stenobothrus lineatus) und Zweipunkt-Dornschrecke (Tetrix bipunctata) ist allerdings ein deutlicher Hinweis, dass die Magerrasenreste für solche Arten zu kleinflächig sind. Durch die zunehmende Verbuschung der ehemaligen Magerrasen werden auch die jetzt noch dort abschnittsweise vorhandenen typischen Arten der Halbtrockenrasen, unter den Tieren etwa der Zwergbläuling und der Jakobskrautbär, bei den Pflanzen sind Wundklee und Fransen-Enzian, weiter zurückgedrängt werden.

Als typische Arten sonnenexponierter Steinbrüche können neben dem Jakobskrautbär der Silberfleck-Bläuling (Plebejus argus) und der Mauerfuchs (Lasiommata megera) als Felsbewohner genannt werden; alle drei profitieren offensichtlich vom besonderen Mikroklima dieses Lebensraumes.

Die nach Norden bzw. NO exponierten, langgezogenen Böschungen (Teilfläche 4) mit eher nährstoffreichem, tiefgründigerem Boden zeichnen sich durch eine hochwüchsige, ruderalisierte Vegetation aus. Diese Flächen sind mit Tagfalter-Arten wie Schornsteinfeger (Aphantopus hyperanthus), Ochsenauge (Maniola jurtina) und Schachbrett (Melanargia galathea) als mesophile Bereiche charakterisiert.
 

Böschungen mit tiefgründigem Boden
Dickkopffalter
 
Die rekultivierte Steinbruchsohle (Teilfläche 4) ist mit dichtwüchsigen Hauhechelpflanzen bewachsen und wird aufgrund dieser monotonen Strukturierung auch kaum von Arten trockenwarmer Offenlebensräume besiedelt. Das für dichte hochwüchsige Strukturen typische Große Heupferd (Tettigonia viridissima) kommt dort regelmäßig vor.

Typisch für warme, wenig bewachsene Störstellen im gesamten Gebiet sind Arten wie der Feld-Sandlaufkäfer (Cicindela campestris), die Tagfalter Goldene Acht (Colias hyale) und Sonnenröschenbläuling (Aricia agestis).

Die jüngere Pionierfläche (Teilfläche 5) mit ihrem unterschiedlichem Bewuchs hat sich gerade in Bezug auf die Tagfalterbesiedlung als besonders interessant erwiesen und beherbergte sogar seltene Arten in größerer Individuenzahl. So war der sonst oft nur vereinzelt auftretende Senfweißling (Sammelart Lepidea sinapis, zumindest zwei untersuchte Tiere gehören zu L. reali: Artaufspaltung) im Juli mit etwa zwei Dutzend Exemplaren fast ausschließlich im Bereich dieser Pionierfläche zu finden, dort mit einem eindeutigen Schwerpunkt auf einem N- und NO-geneigten Unterhang mittlerer Wüchsigkeit. Die Falter nutzen die dort sehr zahlreichen Hornklee-Blüten als Hauptnektarquelle. Es konnte an Hornkleepflanzen sogar zweimal Eiablage verschiedener Weibchen beobachtet werden, ein Ei wurde bei Nachsuche gefunden! Solche seltenen Beobachtungen sind sehr wertvoll zur Aufklärung der Lebensraumansprüche der Raupen bzw. des Eiablageverhaltens der Falter.
 

Nahrungspflanze Hornklee
Senfweißling (Lepidea sinapis)
 
Der Hornklee als Nahrungspflanze wächst zwar an sehr vielen Stellen im Untersuchungsgebiet, im hier offensichtlich bevorzugten Habitat bildet er aber relativ dichte Büschel und ist von anderen Pflanzenhorsten umgeben, so dass ein Schutz vor extrem trocken-warmem Klima gegeben sein dürfte. Dieser Befund korrespondiert gut mit den Literaturangaben, die den Senfweißling nicht als typische Magerrasenart, sondern als Besiedler wärmebetonter Ränder von Magerwiesen und Waldlichtungen beschreibt.
 
Schütter bewachsener, sonnenexponierter Westhang: Lebensraum des Schwalbenschwanzes
Schwalbenschwanz
(Papilio machaon)
 
Ein etwas anderes Habitat wurde im Bereich dieser jüngeren Sukzessionsfläche vom Schwalbenschwanz (Papilio machaon) als zweiter herausragender, in Niedersachsen stark gefährdeter Art genutzt. Die Falter gehen gerne auf blaurote Blüten wie Natternkopf oder Rot-Klee. Am sehr schütter bewachsenen NO- bzw. Westhang wurde mindestens ein halbes Dutzend Falter registiert. Mehrfach zeigten Weibchen Eiablageverhalten und flogen stets Zwergexemplare der Wilden Möhre an, bei Nachsuche konnte ein Ei gefunden werden! Schwalbenschwanzraupen können an verschiedenen Doldengewächsen leben, brauchen für ihre Entwicklung aber viel Wärme und daher entsprechende Kleinstandorte.

Bemerkenswert ist weiterhin der Fund einer speziell an Natternkopf als Nahrungspflanze gebundenen Wildbiene. Diese niedersachsenweit als gefährdet eingestufte Art brütet in Totholz und profitiert im Untersuchungsgebiet von dem üppigen Nattternkopfbestand am Rande des schütteren Westhangs von Teilfläche 5. Direkt an einer westexponierten Gipswand nisteten einige Pillenwespen (Odynerus spinipes), deren vor die Nesteingänge gebauten „Schornsteine“ auffielen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich der stillgelegte Steinbruch in kurzer Zeit als wertvoller Lebensraum insbesondere für die Tiergruppe der Schmetterlinge erwiesen hat. Er beherbergt seltene Magerrasen- und Steinbrucharten, aber auch einige bemerkenswerte Charakterarten von Säumen und Störstellen. Das häufige Auftreten des Schwalbenschwanzes und des Senfweißlings nahezu ausschließlich auf der jüngeren Sukzessionsfläche macht gerade diesen Teilbereich besonders beachtenswert. Derartige Pionierstandorte sind in der unberührten Natur an den Ufern und Abbruchkanten unbegradigter Flüsse zu finden, der Steinbruch bietet hier wertvolle Ersatzlebensräume.
 
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© Dr. Trude Poser
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