8. Südharz-Symposium 16./17. September 2005 in Nordhausen
 
Dorferneuerungsprogramm - Erfahrungen aus einer Gemeinde
Umbau und Sanierung der „Alten Schenke“ zum Dorfgemeinschaftshaus, Görsbach
 
Vortrag von
Siegfried Junker & Karsten Götze

goetze-harich@t-online.de

Zur Historie:
Das Gebäude wurde Ende des 14. Jahrhunderts als Gasthaus „Zur Schenke“ erbaut.
Mit seiner ansprechenden Fachwerk-Außenfassade gehörte dieses Gasthaus über Jahrhunderte neben der Kirche zum unverwechselbaren Gemeindezentrum.

  • Mit der Wende wurde das im Gemeindebesitz befindliche Gebäude privatisiert.
  • Der neue Besitzer konnte die dringend notwendigen baulichen Maßnahmen des seit Jahren unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes aus finanziellen Gründen nicht umsetzen.
  • Die Gemeinde nahm seit 1994 fortlaufend an dem Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ teil. Dabei wurde das immer mehr zum Verfall drohende Gasthaus zum negativen Aushängeschild und zu einer echten Belastungsprobe für die Gemeinde sowie auch für mich als Bürgermeister.
  • Für die im Jahre 1998 vorzubereitende 1225 - Jahrfeier wurde eine Ortsgemeindefahne in Auftrag gegeben.
Das alte Gasthaus „Zur Schenke“ wurde auf der neuen Fahne symbolträchtig dargestellt.
So wie in der Novelle von Gottfried Keller „Das Fähnlein der sieben Aufrechten“ setzte sich auch unsere Fahne mit der „Schenke“ nach der Einweihung so in den Köpfen unserer Bürger fest, dass etwas zur Erhaltung der „Schenke“ geschehen musste.
Der Druck auf die Gemeinde mit seinem Bürgermeister wurde immer größer, sich dem Verfall des Gebäudes ernsthaft anzunehmen.
  • Zunächst stand aus finanziellen Gründen eine klare Mehrheit des Gemeinderates gegen den Rückkauf des Gebäudes.
  • Mit der zielstrebigen Entwicklung einer möglichen Finanzierung konnte ich als Bürgermeister nach vielen Einzelgesprächen den Gemeinderat überzeugen, die „Schenke“ zurückzukaufen.
  • Nach Vorlage eines überschaubaren Verwendungs- und Finanzierungskonzeptes konnte zunächst der Rückkauf und dann die Planung beschlossen und in Auftrag gegeben werden.
  • Unser ortsansässiger Planungsingenieur von der Firma Aing Bernd Götze und sein Planungsstab haben sich bei der Umsetzung der Erhaltung unserer „Schenke“, sowie der Umnutzung zum Dorfgemeinschaftshaus große Verdienste erworben.
Allen Beteiligten, die zur Umsetzung unseres Vorhabens beigetragen haben, ein herzliches Dankeschön.
Neben dem Planungsbüro möchte ich vor allem
  • das Bauordnungsamt mit seinem Leiter Dr. Winter,
  • das Flurneuordnungsamt,
  • das Arbeitsamt,
  • das Landwirtschaftsamt,
  • die Verwaltungsgemeinschaft „Goldene Aue“ Heringen,
  • die Firma Knauf mit ihrem alten Görsbacher Jörg Ziebell.
und natürlich die fleißigen Bauarbeiter hervorheben.

Zum eigentlichen Bauablauf nun einige Ausführungen von Herrn Karsten Götze.
 

Siegfried Junker
Bürgermeister Görsbach
 

Im September 2003 wurde im Beisein zahlreicher Gäste und Einwohner der Gemeinde Görsbach die 50.000ste Dorferneuerungsmaßnahme im Freistaat Thüringen vom Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt Dr. Sklenar feierlich ihrer Bestimmung übergeben.
 
Festveranstaltung 2003-09-24
Dorfgemeinschaftshaus 2005-09-15

Die Sanierung und Umnutzung des ehemaligen Gasthauses „Zur Schenke“ zum Dorfgemeinschaftshaus in Görsbach ist ein Musterbeispiel gelungener Dorfentwicklung.

Die Gemeinde Görsbach war in den Jahren 1993-1995 und 2000-2002 anerkannter Förderschwerpunkt der Dorferneuerung. Insbesondere in den Jahren 2000 bis 2002 hat die Gemeinde es verstanden, mit gezielten Maßnahmen die Identität des Ortes positiv zu entwickeln.

Gebäude wie Kirchen, Bauernhöfe, Herrenhäuser oder auch historische Gasthäuser sind Wahrzeichen der Orte und Zeitzeugen der geschichtlichen Entwicklung.

Zeitzeugen der Baugeschichte sind in Görsbach die evangelische Kirche „St. Mauritius“, das alte Pfarrhaus, die alte Schule und das ehemalige Gasthaus „Zur Schenke“. Sie bilden den kulturhistorischen Mittelpunkt der Gemeinde. Als ein Wahrzeichen des Dorfes ist insbesondere das ehemalige Gasthaus „Zur Schenke“ hervorzuheben.
 
Ehemaliges Pfarrhaus
Alte Schule
DGH / Kirche

1486 erstmals in der Chronik von Görsbach als Taverne der Grafen von Stolberg erwähnt, wurde sie 1501 an die Dorfgemeinschaft übereignet. Die Bauzeit des jetzigen Gebäudes wird in die Zeit 1600-1670 eingeordnet. Bis Ende des 19. Jh. wurde die Gemeindeschenke auch als Gemeindeamt mit Amtszimmer sowie einer als Herrenstube bezeichneten Ratsstube genutzt. Ende des 19. Jh. wurde der Saalbau am Westgiebel des historischen Gebäudes errichtet.
Nach Jahrhunderten wechselhafter Geschichte wurde die „Schenke“ 1991 privatisiert. Trotz intensiver Bemühungen gelang es dem privaten Erwerber nicht, die dringend notwendige Sanierung des Gebäudes zu finanzieren.


Gasthaus „Zur Schenke“ Nov. 2001

Das historische Gebäude war so dem Verfall preisgegeben, denn an eine Nutzung war in diesem Bauzustand nicht zu denken.

Zur Rettung des für den Ort bedeutenden kulturhistorischen Zeitzeugnisses wurde 2001 der Rückkauf und die Sanierung des denkmalgeschützten Objektes vom Gemeinderat beschlossen. Die Sanierung und Umnutzung des ehemaligen Gasthauses „Zur Schenke“ wurde als bedeutendste Maßnahme der Gemeinde im überarbeiteten Dorfentwicklungsplan festgeschrieben.

Aus den alten Gemäuern ein Dorfgemeinschaftshaus entstehen zu lassen, war ein besonders ehrgeiziges Ziel.

Mit der Aufnahme der Gemeinde in das Dorferneuerungsprogramm des Freistaates Thüringen für die Jahre 2000 bis 2002 wurde die Voraussetzung für die Beantragung und Gewährung von Zuschüssen geschaffen. Unter Ausnutzung weiterer Förderprogramme konnte die Gemeinde ein tragbares Finanzierungskonzept entwickeln.

Die Gesamtbaukosten betrugen rd. 700.000 €.

Wie bereits erwähnt, war die Gewährung von Zuschüssen zur Förderung der Dorferneuerung durch das Flurneuordnungsamt Gotha eine wesentliche Voraussetzung für die Realisierung des Vorhabens.
Die Zuschüsse des Flurneuordnungsamtes Gotha zur Förderung der Dorferneuerung betrugen rd. 390.000 €.

Zusätzlich wurden Fördermittel aus den Förderprogrammen

  • der Bundesanstalt für Arbeit (Vergabe-ABM, BSI) 130.000 €
  • des Landwirtschaftsamtes Bad Frankenhausen 25.000 € (Erhaltung und Stärkung des ländlichen Raumes)
  • der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises Nordhausen
bereit gestellt.

Bedeutend für eine nachhaltige Gebäudesanierung ist die langfristige Nutzung des Objektes. So wurde von der Gemeinde Görsbach das Architekturbüro  in Arbeitsgemeinschaft mit der Architektur- und Ingenieurbüro Nordhausen GmbH (AING) neben der Planung für die Gebäudesanierung auch mit der Entwicklung eines Nutzungskonzeptes beauftragt.

Das Nutzungskonzept sah die Integration der Gemeindeverwaltung, der Heimatstube und Bibliothek sowie von Dienstleistungen wie Friseur, Kosmetik, Heißmangel und Sparkasse (Außenstelle) vor. Zusätzlich konnten mit der Realisierung des Konzeptes moderne Gästezimmer im Dachgeschoss geschaffen werden.

Der Baubeginn für die Sanierung und den Umbau der Schenke erfolgte im Juni 2002.
Im 1. Bauabschnitt wurde der nicht unter Denkmalschutz stehende Saalbau statisch gesichert, entkernt und umgebaut.

  • Erneuerung von Fundamenten und tragenden Wänden
  • Instandsetzung und Verstärkung der Dach- und Deckentragkonstruktionen
  • Wärmedämmung
  • Holzschutz

Der 2. Bauabschnitt umfasste die Arbeiten im kulturhistorisch wertvolleren, denkmalgeschützten Gebäude.

Die Sanierungs- und Umbauarbeiten erfolgten in enger kooperativer Zusammenarbeit mit

  • dem Bauordnungsamt des Landkreises Nordhausen
  • der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises Nordhausen
  • des Landesamtes für Denkmalpflege
und konnten nach 14-monatiger Bauzeit im August 2003 abgeschlossen werden.

Die Farbgebung der Fassade sorgte während der Ausführung für Diskussionen. Insbesondere debattierten die älteren Dorfbewohnern rege über die Farbgestaltung.
Diese Farben wurden jedoch im Ergebnis der von der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises Nordhausen beauftragten restauratorischen Untersuchung als primärer Anstrich ermittelt und sollten das Gebäude auch nach der Sanierung zieren.
Die restauratorische Untersuchung umfasste in der Ratsherrenstube neben einem Renaissancebalken auch die Deckenbalken. Bei 2 Deckenbalken konnte die Rankenmalerei von der Restauratorin Frau Pohl in alter Schönheit wieder hergestellt werden.

Erfolgreiche Dorferneuerung ist immer ein Gemeinschaftswerk.
Dies gelingt nur im engen Zusammenwirken zwischen

      • Landesentwicklungsverwaltung
      • Kommunen
      • Bürgern
      • Architekten
 
Karsten Götze Dipl.-Ing.(FH)
Freier Garten- und Landschaftsarchitekt (AK Thür.)
goetze-harich@t-online.de

 

Dorfentwicklung Görsbach
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(Ausschnitt)

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